virtuelles wasser: der unsichtbare verbrauch
Achtest du auf deinen Wasserverbrauch? Die meisten Menschen bemühen sich, Wasser nicht unnötig zu verschwenden. Oft wird dabei aber nur an das Wasser gedacht, das wir direkt sehen können – beim Kochen, Duschen oder Zähneputzen. Das Konzept des Virtuellen Wassers ist ganzheitlicher.
Was ist virtuelles Wasser?
Virtuelles Wasser bezeichnet die Wassermenge, die für die Herstellung eines Produktes oder Lebensmittels benötigt wird. Dabei unterscheidet man zwischen verschiedenen Kategorien:
- Grünes Wasser bezeichnet Regenwasser. Es wird von Pflanzen direkt verbraucht oder oberflächlich im Boden gespeichert, ehe es wieder verdunstet.
- Blaues Wasser bezeichnet Grundwasser oder die Wasser-„Vorräte“ aus Seen und Flüssen. Es wird zur künstlichen Bewässerung von Pflanzen verwendet und gelangt nicht wieder zurück an den Entnahmeort.
- Graues Wasser ist verschmutztes Wasser. Durch den Einsatz von Pestiziden und Chemikalien werden häufig Gewässer verunreinigt. Die Menge an grauem Wasser gibt an, wie viele Liter benötigt werden, um die Menge an Schadstoffen ausreichend zu verdünnen.
Virtuelles Wasser meint immer Süßwasser – und das ist rar. Nur 0,4 Prozent des Wassers auf unserem Blauen Planet sind für uns Menschen trinkbar. Ein hoher Verbrauch an virtuellem Wasser – man spricht auch von einem großen Wasserfußbadruck – ist daher oft problematisch.
Dieses Problem wird sich durch den Klimawandel zusätzlich verstärken: Denn durch die steigende Temperatur müssen wir uns auf wärmere und trockenere Sommer einstellen, in denen weniger Niederschlag – also grünes Wasser – vorhanden ist.
Wie viel Wasser verbrauchen wir?
Täglich nutzt jede:r von uns etwa 124 Liter Wasser direkt – etwa zum Kochen, Spülen, Waschen und Trinken.
Unser indirekter Wasserverbrauch dagegen ist weitaus höher: Der Bedarf an virtuellem Wasser pro Tag und Person liegt bei rund 4-5.000 Litern.
Rund die Hälfte davon wird in Deutschland verursacht und ist daher größtenteils unproblematisch: In Deutschland herrscht selten Wassermangel und graues Wasser kann gut wieder aufbereitet werden.
Die andere Hälfte importieren wir aber auch täglich aus anderen Ländern.
Zu den Produkten mit dem größten Wasserfußabdruck gehören Kaffee und Kakao, Ölsaaten wie Oliven, Baumwolle, Rind- und Schweinefleisch, aber auch Milch, Mandeln, Sojabohnen und Sonnenblumen.
Um sich eine Vorstellung davon zu machen: Für eine Tasse Kaffee werden ungefähr 140 Liter virtuelles Wasser verbraucht, für ein Glas Milch sogar 200 Liter. Wir erinnern uns: Unser direkter Wasserverbrauch über den ganzen Tag hinweg liegt „nur“ bei 124 Litern!
In ganz andere Größenordnungen kommen wir bei der „Produktion“ von Fleisch, v.a. Rindfleisch. In der (üblicherweise vorherrschenden) Intensivtierhaltung entsteht so durchschnittlich ein Wasserfußabdruck von ca. 15.500 Litern!
Wie problematisch ist ein großer Wasserfußabdruck?
Das lässt sich nicht pauschal sagen. In jedem Fall problematisch ist graues, d.h. verunreinigtes Wasser.
Es entsteht beispielsweise durch Pestizide beim Anbau von Pflanzen, aber auch durch die Industrie – etwa durch den hohen Chemikalieneinsatz bei der Produktion von Kleidung. Wird es nicht wieder aufbereitet, steht es als Trinkwasser nicht mehr zur Verfügung.
Grundsätzlich spielt jedoch das Anbaugebiet eine wichtige Rolle:
In Ländern, in denen es viel regnet und keine Wasserknappheit herrscht, wird vorwiegend auf grünes Wasser zurückgegriffen – das heißt, angebaute Pflanzen leben vor allem vom natürlichen Niederschlag. Das hat keine negativen Konsequenzen.
In trockenen Ländern wird jedoch sehr viel blaues Wasser eingesetzt: Das heißt, der Anbau von Pflanzen ist nur möglich, weil diese künstlich bewässert werden. Dazu wird auf Grundwasser, Seen oder Flüsse zurückgegriffen.
In diesem Fall entsteht eine Konkurrenzsituation, in der das Trinkwasser – phasenweise oder dauerhaft – zur Mangelware werden kann.
Welche Folgen hat der hohe Wasserverbrauch?
Das hat Auswirkungen auf ganze Ökosysteme: Der intensive Baumwollanbau in Usbekistan beispielsweise hat zur großflächigen Austrocknung des Aralsees geführt – ehemals einer der größten Seen der Welt. Wo früher Menschen lebten und sich u.a. von Fischerei ernährten, herrscht nun eine Salzwüste.
Auch Kaffee, Kakao und Rindfleisch kommt häufig aus Regionen, in denen zumindest phasenweise Trockenheit herrscht. In Brasilien etwa verbraucht die industrialisierte Landwirtschaft rund 70 Prozent des Grundwassers, was in der Vergangenheit schon dazu geführt hat, dass das Wasser in der Hauptstadt tagelang abgedreht werden musste, wie der SPIEGEL berichtete.
Aber auch in Europa – v.a. in Spanien und der Türkei – sorgt der hohe Verbrauch an blauem Wasser immer häufiger für Dürren und Wasserknappheit. In Spanien wurde Trinkwasser bereits mit dem Schiff importiert, um den Bedarf in Großstädten weiterhin zu decken.
Dorothea August vom WWF beschreibt die Situation so: „Wenn nicht bald ein radikales Umdenken im Wasserverbrauch der mediterranen Regionen einsetzt, droht der Mittelmeerraum sprichwörtlich auszutrocknen. Die dramatischen Folgen dieser Entwicklung würden auch wir in Deutschland zu spüren bekommen.“
Wie kann ich virtuelles Wasser sparen?
Mit ein paar einfachen Faustregeln kannst du deinen Verbrauch an virtuellem Wasser ganz leicht senken:
- Kaufe bio-zertifizierte Produkte. Dank der ökologischen Herstellung fällt deutlich weniger Grauwasser an, was den Wasserfußabdruck insgesamt reduziert.
- Kaufe saisonale und regionale Produkte. Denn was in Deutschland hergestellt wird, trägt nicht zur Süßwasserknappheit in anderen Ländern bei.
- Meide tierische Lebensmittel. Diese haben immer einen hohen Wasserfußabdruck, weil große Mengen an Futterpflanzen angebaut werden müssen.
- Versuche, Lebensmittelabfall zu vermeiden. In Deutschland landen sehr viele Lebensmittel regelmäßig im Müll – vieles davon wäre vermeidbar, das Wasser wurde also komplett umsonst verbraucht. Eine Einkaufsliste, nicht hungrig einkaufen zu gehen und regelmäßig Reste-Essen einzuplanen können bereits viel helfen.
- Nutze Produkte möglichst lange. Da besonders die Herstellung von (Baumwoll-)Kleidung wasserintensiv ist, kannst du deinen Wasserfußabdruck ganz einfach verringern, indem du langlebige Lieblingsteile kaufst und bei Bedarf reparierst. Aber auch bei der Produktion von vielen anderen Gegenständen ist eine lange Nutzung ideal: Etwa bei Elektronik, Produkten aus Edelstahl oder Papier.
Wasser sparen ist sinnvoll – vor allem virtuelles Wasser, das wir indirekt verbrauchen. Ein großer Wasserfußabdruck bedeutet meistens, dass die Lebensmittel- und Güterproduktion in Konkurrenz zum Trinkwasser steht. Das kann gravierende Auswirkungen auf Ökosysteme und für die Menschen haben. Der Klimawandel wird diese Problematik verschärfen.
Um unseren Konsum zu reduzieren, können wir möglichst biologisch und regional einkaufen, tierische Lebensmittel reduzieren und Lebensmittelabfälle vermeiden. Bei allen anderen (nicht essbaren) Produkten ist es am besten, sie möglichst lange zu nutzen und zu pflegen.