saisonal einkaufen und das klima schützen
Frische Erdbeeren, saftige Tomaten – der Supermarkt lockt ganzjährig mit unserem liebsten Obst und Gemüse. Wir kaufen meist, worauf wir Appetit haben, und vergessen oft, dass unsere Lebensmittel nur zu bestimmten Zeiten Saison haben. Welche Auswirkungen hat das auf unser Klima?
Was bedeutet saisonal essen/einkaufen?
Wer saisonal einkauft, kauft Lebensmittel, die entsprechend der Jahreszeit gewachsen und gereift sind. Saisonal impliziert auch immer regional, also Nahrungsmittel ohne lange Transportwege oder Flugreisen.
Derzeit ist es gar nicht so leicht, saisonal einzukaufen: Europas Supermärkte bieten ganzjährig ein breites Spektrum an Lebensmitteln und suggerieren, dass fast jede Obst- und Gemüsesorte ganzjährig verfügbar ist. Das hat natürlich auch viele Vorteile: Hunger und Mangelerscheinungen waren über viele Jahrhunderte normal für große Teile der Bevölkerung; mit unserem heutigen Überangebot ist das kaum noch vorstellbar. Wir sind es gewohnt, ein beliebiges Rezept im Internet zu finden und alle Zutaten dafür im Supermarkt um die Ecke zu bekommen. Das Wissen, welche Lebensmittel wann Saison haben, geht damit mehr und mehr verloren.
Die ganzjährige Verfügbarkeit verursacht jedoch viel CO2 und trägt damit dazu bei, den Klimawandel zu verstärken.
Infobox:
– 30 Prozent der globalen Treibhausgasemissionen werden durch die Produktion von Lebensmitteln verursacht
– Deutschland produziert nur ca. 20 Prozent des Obstbedarfs selbst, der Rest wird importiert – größtenteils aus der EU. Bei Gemüse liegt der Importanteil bei ca. 75 %.
– Der Anteil an Flugware ist mengenmäßig sehr gering (unter 1%), verursacht jedoch ca. 10-16 Prozent der Treibhausgsemissionen, die durch Lebensmitteltransporte entstehen.
Anbau im beheizten Gewächshaus
Viele Menschen legen Wert darauf, regional einzukaufen. In Deutschland ist der klassische Erntezeitraum aber oft nur kurz: Tomaten zum Beispiel tragen im Freilandanbau nur etwa von Juni bis September Früchte. Wachsen die Tomaten dagegen in einem beheizten Gewächshaus, können sie von April bis Dezember geerntet werden.
Das macht sich gut im Supermarkt, da auf der Verpackung weiterhin mit “regional” geworben werden kann. Und natürlich sind die Transportwege weiterhin relativ kurz. Der CO2-Fußabdruck ist jedoch bis zu 30 Mal höher als bei Freilandware.
Der konkrete Wert hängt von vielen Faktoren ab: Etwa der Frage, wie die Heizwärme erzeugt wird, oder auch, wie hoch der Ertrag pro Quadratmeter ist: Große Fleisch- oder Rispentomaten haben so eine deutlich bessere Klimabilanz als kleine Cocktailtomaten (die auch noch aufwändiger verpackt werden müssen).
Dass die Tomaten regional erzeugt wurden, fällt kaum noch positiv ins Gewicht: Der CO2-Effekt durchs Heizen ist derart klimaschädlich, dass es außerhalb der Saison besser ist, frisches Obst und Gemüse aus anderen EU-Ländern zu verwenden.
Anders verhält es sich mit Lagerware. Deutsche Äpfel sind ganzjährig klimafreundlicher als Importware, da die Lagerung und Kühlung weniger Energie benötigt als der Transport von weither.
Import per Flugzeug
Damit sind wir auch schon beim zweiten großen Klimakiller: Dem Import von frischen Lebensmitteln per Flugzeug. Leider wird nirgendwo zentral erfasst, welche und wie viele Obst- und Gemüsesorten per LKW, Schiff oder Flugzeug importiert werden.
Was man weiß, ist: Der größte Teil kommt per LKW und Containerschiff. Hier können große Mengen auf einmal transportiert werden, so dass der CO2-Ausstoß pro Lebensmittel recht gering ist. Verderbliche Tropenfrüchte reisen jedoch oft per Flugzeug – womit sie bis zu 170 Mal so viel CO2 verursachen wie beim Schiffstransport.
Insgesamt werden mehr als 140 Tonnen Lebensmittel täglich eingeflogen. Das ist weniger als 1 Prozent dessen, was jeden Tag im Supermarkt landet. Dennoch verursacht es 10 bis 16 Prozent der CO2-Emissionen, die durch Lebensmitteltransporte entstehen.
Auf der Verpackung ist leider nicht gekennzeichnet, mit welchem Verkehrsmittel der Transport erfolgt ist. Wenn bei nachfolgenden Lebensmitteln jedoch Nicht-EU-Länder als Herkunftsort angegeben ist, muss man von Flugware ausgehen – und sollte sie meiden:
Fisch: frische Filets vom Viktoriabarsch und anderen Seefischen, Kaphecht aus Südafrika (gefrorene Fische werden dagegen per Schiff importiert)
Gemüse: v.a. Bohnen (frisch oder gekühlt), tropisches Gemüse / Bambussprossen / Kräuter, Erbsen (frisch oder getrocknet), Spargel (frisch oder gekühlt) – meist aus Ägypten, Kenia und Thailand
Obst: Guaven, Mangos (frisch oder getrocknet), Ananas (frisch oder getrocknet), Litschis/Jackfrucht/Passionsfrüchte/etc., frische Erdbeeren (v.a. aus Ägypten und Marokko), Trauben (aus Ägypten), Feigen (aus Brasilien)
Dass frische Erdbeeren im Winter nicht zu unserem Speiseplan gehören sollten, wissen die meisten. Das gleiche gilt aber eben auch für viele andere Lebensmittel, die nur per Flugzeug importiert werden (können).
Kommt das Obst und Gemüse dagegen aus der EU, wird es in aller Regel per LKW transportiert. Auch hier gilt natürlich, dass regional und saisonal besser ist – aber immerhin sind die CO2-Emissionen im Vergleich zu Flugware deutlich geringer.
EU-Ware zu kaufen macht auch deshalb Sinn, weil die Pestizidrückstände oftmals geringer sind und in Europa meist strengere Umweltauflagen gelten – und das ist unterstützenswert.
CO2-Ausstoß pro Kilo Lebensmittel auf 1.000 km Transportweg
(Quelle: Sophie Fahrland: Klimaschutz fängt auf dem Teller an*)
Woher weiß ich, was Saison hat?
Es gibt viele schöne Saisonkalender zu kaufen oder zum Ausdrucken. In unserer Küche hängt seit vielen Jahren der Kalender “Alles zu seiner Zeit”, der Monat für Monat vorgeht und wirklich schön illustriert, welches Obst und Gemüse momentan aus Freilandanbau erhältlich ist. Den kann man beispielsweise hier bei Thalia kaufen*.
Eine Alternative ist dieser Saisonkalender von Avocadostore, der auf einem großen Plakat viele wichtige Obst- und Gemüsesorten auflistet und jeweils darunter vermerkt, wann man sie als deutsche Freilandware kaufen kann. So hat man auf einem Blick alle Infos übersichtlich präsentiert – und es ziert jede Küche. Hier kannst du ihn dir anschauen*.
Ergänzend finde ich die App “GrünZeit” sehr praktisch, die die Verbraucherzentrale herausgegeben hat. Ohne viel Schnickschnack wird mir hier Monat für Monat aufgezeigt, was gerade eine “sehr geringe Klimabelastung”, “geringe bis mittlere” oder auch “hohe Klimabelastung” mit sich bringt, sortiert nach Gemüse, Obst und Salat. Die App ist kostenfrei, für Android und iOs verfügbar und der perfekte Begleiter im Supermarkt!
Das Überangebot in unseren Supermärkten suggeriert, dass jegliches Obst und Gemüse ganzjährig Saison hat. Tatsächlich ist das breite Sortiment nur durch beheizte Gewächshäuser und Importware möglich. Vor allem Flugware setzt große Mengen an CO2 frei.
Um das Klima zu schützen, sollten wir daher wie folgt einkaufen:
# zur Saison frische Ware aus der Region
# außerhalb der Saison Lebensmittel aus der EU
# typische Flugware möglichst vermeiden
Quellen anzeigen
- https://www.verbraucherzentrale.de/sites/default/files/migration_files/media222992A.pdf
- https://www.verbraucherzentrale.de/wissen/lebensmittel/gesund-ernaehren/saisonkalender-obst-und-gemuese-frisch-und-saisonal-einkaufen-17229
- https://www.stmelf.bayern.de/ernaehrung/007760/index.php
- https://www.nachhaltiger-warenkorb.de/themen/saisonal-und-regional/
- https://www.spiegel.de/wissenschaft/natur/klimaschaedliche-transporte-pro-tag-fliegen-140-tonnen-lebensmittel-nach-deutschland-a-734553.html
- https://www.ugb.de/lebensmittel-im-test/flugtransporte-von-lebensmitteln/?treibhausgase-klimaschutz
- https://www.greenside-story.de/lebensmittel-per-luftfracht-eine-vermeidbare-umweltsuende/997
- https://www.zdf.de/nachrichten/heute/oekobilanz-der-spanischen-tomate-100.html
- https://www.wwf.de/fileadmin/user_upload/WWF-Position_NachhaltigeErnaehrung.pdf
- https://de.statista.com/statistik/daten/studie/76634/umfrage/selbstversorgungsgrad-mit-gemuese-in-deutschland/
- https://de.statista.com/statistik/daten/studie/76635/umfrage/selbstversorgungsgrad-bei-obst-in-deutschland/
- Sophie Fahrland: Klimaschutz fängt auf dem Teller an*